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ADMIN

Hallo Jan,

na, diese Fliege ist als "dein erstes Fliegenmakro" ordentlich verewigt :-)! Gehen wir ins Detail:

Artbestimmung

Viele Tiere der Ordnung Diptera (Zweiflügler), zu denen diese Fliege gehört, sind sehr schwer zu bestimmen, insbesondere auf der Grundlage von Fotos. Um hier nicht in zu wilde Spekulationen abzugleiten, belassen wir es mal bei "Fliege" :-).

Perspektive + Bildaufteilung

Bezüglich dieser beiden Punkte verweise ich auf meine Zeilen, die ich bei einer anderen Bildeinstellung hierzu geschrieben habe. Hier treffen die gleichen Aspekte zu.

Schärfentiefe

Du hast die schmale Schärfeebene auf die Facettenaugen der Fliege gelegt, das ist korrekt. Nun ist die Schärfentiefe der von Dir eingestellten Blende 5.6 bei einem so großen Abbildungsmaßstab (1:1) so gering, dass neben den Augen nur noch ein kleiner Bereich des Fliegenkörpers scharf abgebildet ist; der Rest entweicht in die Unschärfe. Das ist zu wenig. Betrachtet man das Foto in einer größeren Größe, werden die vielen unscharfen Bereiche auf dem Tier zu dominant – was dazu führt, dass auf den ersten Blick das ganze Tier unscharf wirkt.

LÖSUNG:
Strebe an, bei einem solchen Motiv das Maximum an Schärfentiefe zu bekommen, was möglich ist. Hier in diesem Fall wäre das die Schärfentiefe der Blende 8 gewesen – darüberhinaus greift die Beugungsunschärfe, bringt Dir also nicht viel.

Die Ausdehnung der Schärfentiefe steht im Zusammenhang mit dem Abbildungsmaßstab. Je größer der Abbildungsmaßstab ist, desto relativ geringer ist die Schärfentiefe. Bei einem solch dicken (sprich dreidimensionalen) Motiv wie die Fliege reicht bei einem Abbildungsmaßstab von 1:1 selbst die Schärfentiefe einer Blende 8.0 nie aus (trotzdem möglichst die 8.0 wählen!). Hier gibt es nur zwei Lösungen: entweder den Abbildungsmaßstab verringern (was ich Dir rate), oder die Technik des Focus Stackings anwenden. Aber das ist dann ein ganz anderes Thema.

Weiteres zum Abbildungsmaßstab siehe weiter unten.

Schärfe

Die Schärfeebene liegt, wie oben schon festgestellt, auf dem Facettenauge und einem kleinen Teil des Körpers. Die Punktschärfe hier jedoch liegt weit unter dem, was Dein Objektiv zu leisten imstande ist. Anders ausgedrückt: Das Foto ist nicht scharf. Es liegt eine leichte Verwacklungsunschärfe vor. Und die ist erklärbar: Sie liegt an der sehr langen Verschlusszeit von 1/80s. Das ist beim Abbildungsmaßstab 1:1 eine seeeehr lange Verschlusszeit! Beachte, dass Du mit der Vergrößerung durch das Makroobjektiv auch die Verwacklungen mit vergrößerst!

Belichtung

Das Foto ist etwas zu dunkel. Du kannst es aber gut per Bildnachbearbeitung über alle Werte hinweg aufhellen (etwa 1 Blendenstufe über den Regler "Belichtung").

ISO-Wert

Du hast mit dem ISO-Wert 400 gearbeitet. Das sollte im Makrobereich eine Notlösung sein. Denn Makrofotos vertragen in der Regel Bildrauschen deutlich weniger gut als andere Fotos wie beispielsweise Landschaftsfotografien oder Fotos größerer Tiere. Dies liegt unter anderem daran, dass der Bildbetrachter bei Vergrößerungen die Details, die sich offenbaren, sehr genau und rein betrachten möchte; da stört fast jedes Bildrauschen. Das hat also nur wenig mit der Qualität der von Dir eingesetzten Kamera (Sensor) zu tun (die ist nämlich sehr gut!), sondern gilt übergreifend. 

Abbildungsmaßstab

Du hast einen sehr großen Abbildungsmaßstab gewählt, genauer gesagt, den größten, den Dein Makroobjektiv bietet.

Hier bist Du einem weit verbreiteten Reiz erlegen. Makrofotografie führt bei vielen Makronisten (verständlicherweise) dazu, den aufgrund der eingesetzten Technik angebotenen Nahbereich möglichst groß auszunutzen. Die Faszination des Vergrößerungspotential überwältigt schnell :-).

Nun ist es aber so, dass ein Foto aus mehr als "nur" einem Hauptmotiv besteht. Es gibt einen Hintergrund, es gibt Bildräume, es gibt einen Rahmen um das Hauptmotiv herum usw. Und wenn man das alles betrachtet, führt eine Reduktion des Abbildungsmaßstab häufig zum besseren (Makro-)Foto.

In diesem Zusammenhang gibt es das Wort "formatfüllend". Hierzu muss ein Hauptmotiv nicht vom rechten bis zum linken Bildrand abgebildet sein; dies wirkt meistens gequetscht, eingesperrt. Wie gesagt, es gibt auch noch einen Rahmen, den man um das Hauptmotiv einplanen sollte und der dann einen angenehmen Raum schafft.

Hinzu kommt, dass sich mit zunehmendem Abbildungsmaßstab viele andere Punkte sehr schnell "verschärfen": die Schärfentiefe nimmt rapide ab, die Verwacklung nimmt rapide zu, die Grenze der Beugungsunschärfen rutscht nach unten, aufgrund des kleineren Bildausschnitts nimmt häufig das Licht ab, das für die Belichtung des Fotos maßgeblich ist.

Fazit: Widerstehe dem Reiz großer Vergrößerungen. Definiere für Dich "Makro" und "Nahbereich" neu und taste Dich langsam an größere Vergrößerungen heran. Du wirst die Tücken großer Abbildungsmaßstäbe mit der Zeit kennen- und beherrschen lernen.

Gesamtbetrachtung

Schauen wir uns nach dieser Betrachtung mal alle von Dir vorgenommenen Einstellungen an: Blende 5.6 (besser wäre 8.0), ISO 400 (besser wäre 200 oder 100), Verschlusszeit 1/80s (besser wäre 1/250s oder kürzer) – und das alles bei einem Abbildungsmaßstab von 1:1. Man kommt unweigerlich zu dem Schluss: Es war für dieses Foto zu dunkel! Du hättest an zu vielen Schrauben drehen müssen, die jede für sich mehr Licht voraussetzt.

Das ist nun alles sehr viel, das ist mir klar. Mein Rat ist: Reduziere als erstes den Abbildungsmaßstab bei Deiner makrofotografischen Arbeit, gehe also nicht unbedingt an den Anschlag Deines tollen Objektivs. Als nächstes achte erst einmal darauf, dass die Voraussetzungen für den einen oder anderen eingestellten Wert (Blende, Verschlusszeit oder ISO-Wert) günstiger sind. Und dann erst schaust Du Dir die weiteren Aspekte an. Mit diesem schrittweise Vorgehen wirst Du Dir mit großer Freude das Fotografieren im Makrobereich erschließen.
Eine andere Vorgehensweise würde gegebenenfalls zu schnell zu einem Makro-Flash-Over führen :-).

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht" 

Roland

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