Kaukasusvergissmeinnicht – weil´s so schön ist (grins)

Beim Fotografieren von Vergissmeinnicht ist es sehr reizvoll, sich einzelne Blüten rauszusuchen, die etwas isoliert stehen. Dadurch bringt man Ruhe ins Bild und kann das Bokeh bildwirksam zur Geltung bringen.

Und dann noch ein reizvolles Licht – und ein tolles Vintage-Obi!

Kommentarbereich

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MOD

Grüß Dich Roland

Die zwei Blüten sind wirklich spannen platziert und die Blüten im Hg könnten glatt als blauer Himmel durchgehen :-) Ich finde diese Vergissmeinnicht-Competition die gerade stattfindet einfach herrlich. Diese kleine Blüte hat so viele Seiten wie es Fotografen gibt die sich an ihr versuchen. Jedes Bild anders und jedes auf seine Weise schön.

Servus
Wolfgang

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Makronist

Hallo Roland,

das gefällt mir einfach, wie intensiv hier die Fotografie der Vergissmeinnicht angegangen wird. So wurden doch fast alle Zweifel ausgeräumt, dass es nicht geht, natürlich krieg ich wieder bei deinem Foto hier heiße Ohren, aber irgendwann komm ich zumindest in die Nähe dieser kunstvollen Gemälde.

Lieber Gruß

Sigi

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Makronist

Nochmal Roland,

du hast doch hier das Oreston genommen, mit deiner E M1  - so und wenn ich auch das Oreston nehme z.B. mit der D5 und suche nach einem ähnlichen freigestellten Vergissmeinnicht, dann müsste das doch etwa genauso rauskommen, die anderen Einstellungen müssten halt angepasst werden, oder geht das nur mit der E M1 ?

Gruß Sigi

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ADMIN

Nicht die Kamera macht die Bilder...

Hallo Sigi,

ja, nicht die Kamera macht die Bilder. In der Tat ist es ziemlich egal, mit welcher Kamera man fotografiert.   Noch bedeutungsloser ist die Firma, die oben auf der Kamera steht.

Entscheidender ist da schon die Optik, da geht das Bild "durch".

Der entscheidendste Faktor aber ist der Mensch, oder anders ausgedrückt der Geist, der hinter der Kamera ist. Er trifft die entscheidenden Entscheidungen, die letztendlich das Bildergebnis prägen. Hierzu gehören beispielsweise Bildkomposition, Abbildungsmaßstab, Schärfentiefe, Perspektive usw. usf.

Betrachten wir die beiden Vergissmeinnicht-Bilder: Deines vom "echten" Vergissmeinnicht und meines hier.
[Anmerkung: Bei meinem Vergissmeinnicht handelt es sich um das Kaukasusvergissmeinnicht (Brunnera macrophylla), das erwartungsgemäß aus dem Kaukasus kommt. Es gehört also der Gattung Brunnera an, während unsere heimischen Verbissmeinnichtarten – es gibt verschiedene – aus der Gattung Myosotis stammen. Aber das nur nebenher...]

Zurück zu den beiden Fotos:

Beide sind mit dem gleichen Objektiv gemacht. Das sagt schonmal viel aus, ist dies doch nach dem Mensch (Geist) hinter der Kamera der wichtigste Faktor. Da ich Dein individuelles Oreston 1.8/50mm kenne (Erläuterung für die Leser: Sigi hat dieses Objektiv von mir), weiß ich, dass es optisch völlig in Ordnung ist und seine Höchstleistung bereitstellt.

Vergleichen wir also die Fotos hinsichtlich der Entscheidungen, die bei ihrer Erstellung getroffen wurden.

Abbildungsmaßstab

Sehr unterschiedlich. Das Kaukasusvergissmeinnicht-Bild (ich nenne es ab jetzt "KV") ist deutlich kleiner abgebildet, hat also einen kleineren Abbildungsmaßstab als das Vergissmeinnicht-Foto (das ich ab jetzt "V" nenne). Dies ist ein wesentlicher Faktor, weil unter anderem die Schärfeleistung des Objektivs mit zunehmendem Abbildungsmaßstab abnimmt. Dadurch hat das KV die Chance, schärfer abgebildet zu werden.

Außerdem ist mehr Raum für den "Nebendarsteller" (Bokeh) da (siehe unten).

Schärfe

Beim KV liegt die Schärfe exakt auf der linken (Haupt-)Blüte. Beim V sollte sie auf der mittleren Blüte liegen, was sie aber nicht tut. Der Schärfepunkt liegt knapp vor der Blüte im Luftraum. Außerdem weist die Aufnahme Mikro-Unschärfen infolge einer leichten Verwacklung auf (1/80s Belichtungszeit! – gegenüber 1/2500s beim KV).

Licht

Beim KV ist das Licht ein entscheidender bildgestalterischer Faktor. Es lenkt den Betrachterblick auf das relativ kleine Hauptmotiv und lässt dieses erstrahlen. Zusätzlich bringt es "Musik" ins Bokeh. Hier spielt also kein einzelnes Instrument, sondern ein ganzes Orchester :-).

Beim V-Bild liegen im Hauptmotiv keine Lichtunterschiede vor. Entweder wird es voll von der Sonne getroffen – oder gar nicht. Das ist aufgrund der mangelnden Brillanz nicht eindeutig festzustellen.
Im Hintergrund jedoch ist Licht, dies führt zu einem sehr schönen Leuchten des Grüns, das sich aber eher großflächig darstellt und aufgrund zu starker Kontrastzugabe einen sehr großen Helligkeitsunterschied zu den Schattenbereichen aufweist.

Hintergrund / Bokeh

Beim KV sind weitere Pflanzenteile (sowohl Blätter und Stängel – grüne Bereiche, als auch Blüten – blaue Bereiche) in einer Entfernung zu den Hauptmotivblüten (und damit zum Schärfepunkt), die sie mittels des Orestons bei Offenblende noch schemenhaft darstellen lässt. Das liefert die Strukturen. Den Rest der Musik macht das Licht (s.o.).

Beim V-Foto sind direkt unter- und oberhalb der linken Blüte wunderschöne Strukturen. Hier kann das Oreston zeigen, was es kann (abgesehen davon, dass auch diese Strukturen irgendwie durch die Behandlung des Bildes an Wirkung verloren haben).
Der Rest des Hintergrundes weist keine Strukturen auf, nur noch flächige Helligkeitsunterschiede. Das ist mehr ein Einzel-Instrument – im Gegensatz zu einem ganzen Orchester :-).

Du siehst also, die Fotos weisen ziemlich große Unterschiede auf. Und alle haben nichts mit der Kamera zu tun, die eingesetzt wurde. Und sie liegen auch nicht in einer theoretischen Unterschiedlichkeit der Optik begründet, denn die ist die gleiche.


Lieber Sigi, bitte verstehe meine Ausführungen nun nicht falsch. Sie sollen auf keinen Fall bedeuten: MEIN Bild toll, Deins nicht toll. Darum geht es nicht. Jeder, der so lange fotografiert wie ich, würde die gleichen Bildergebnisse erzielen. Und auch ich habe viele Jahre gelernt – und das tue ich auch heute noch.

Aber Du hattest gefragt, warum beide Fotos nicht ähnlich sind und ob die Unterschiede in der eingesetzten Kamera begründet liegen. Warum das nicht so ist, habe ich mal so differenziert aufgeschrieben, als würde ich laut denken. Ich hoffe, das ist für Dich in Ordnung und nicht anmaßend...

Lieber Gruß,

Roland

 

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Makronist

Hallo Roland,

ich lese nun bereits zum fünften mal deine Ausführungen durch, und kann dir vorab berichten, dass ich inzwischen, dank deiner vorrausgegangenen Unterrichtsstunden vom fachlichen Inhalt alles durchweg verstanden habe. Meine vorläufige Verunsicherung lag ja zunächst daran, dass ich die Fotos von dir mit der Kamera in Verbindung brachte, was ja absolut keine direkte Ursache hat.

Zum Vergleich der Bilder hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen (Oreston-Lydith), der aber dennoch bedeutungslos ist, weil du exakt erklärst worin von den Feinheiten der gesamten Bildentwicklung (Abbildungsmaßstab,Schärfe,Licht,Bokeh) die Unterscheidung der vorgestellten Fotos zu suchen ist.

Mit dem Oreston von Dir habe ich zurecht die besten Erfahrungen im Vergleich meiner anderen Altgläsern gemacht, ich werde um beim Thema zu bleiben wie schon angekündigt versuchen die Leistung dieses Altglases besser rauszuarbeiten. Dies halte ich hier im Makrotreff insofern für angebracht, weil besonders im Vintage Blog, jedesmal wenn deine Fotos ankommen die Begeisterung der Betrachter nachfolgt.

Jeder kann so dazulernen wenn wir diese Punkte verinnerlichen um dann im Selbstversuch die Hebel da anzusetzen wo dem einen oder anderen dieser letzte Schliff noch fehlt. Dieses Thema wird ja zudem ausführlich demnächst in den Workshops intensiv durchgearbeitet. Mir bleibt leider nur diese Option über das Forum hier, da ich nur eingeschränkt belastbar bin.

Diese lehrreichen und ausführlichen Erläuterungen von deiner Seite zu Themen hier, sind in keinem Fotoforum zu finden außer im Makroforum, dafür kann ich mich immer wieder nur bedanken und bedanken.

Im Anhang habe ich Heute doch noch einen Versuch angesetzt, um etwa vom Altglas Aufbau gleiche Verhältnisse zu bringen: Pentaflex 1.8/50 ISO 320 Verschluss 1600 Blende offen

Ich dachte dass hier der Bildaufbau-Licht- Abbildungsmaßstab ect. dem näher kommt, wenns auch noch weit von deinem Kaukasus weg ist.

Gruß Sigi

Liebe Grüße Sigi

 

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