Saugetier

Wer hat den längsten (Rüssel)? 

Was machen die Biologen, wenn sie den zucker- und aminosäurehaltigen Pflanzensaft aus dem sog. Phloem zu Analysezwecken extrahieren wollen? Dass das nicht einfach geht, zeigen die Schnittbilder von Alexander. Da sticht man schnell daneben in eine falsche Leiterbahn und kriegt nur Wasser. Ein gängiges Verfahren ist daher Folgendes: Man lässt den Profi ran - sprich, man setzt eine Blattlaus auf den Stängel. Sobald diese das Phloem angestochen hat, schneidet man den Rüssel ab und setzt eine feine Pipette oder Kapillare an das obere Ende des verbliebenen Saugrüssels. Ja ja, so sind sie, die Biologen!

Um den Rüssel schön durchleuchten zu können, habe ich wieder mit gekreuzten Polfiltern und einer starken Gegenlichtkomponente gearbeitet (wie bei diesem Bild ausführlich beschrieben).

Der Rüssel ist so lang, dass ich zwei Bilder aneinanderhängen musste (Rüssel-Panorama :-).

Kommentarbereich

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Makronist

Hallo Inga, du hattest mit deinem Zweifel recht! Es ist keine Blattlaus, sondern eine Baby-Wanze (vgl. Diskussion mit Roland weiter unten). Klein+grün+Rüssel=Blattlaus ist zu naiv gerechnet. Schon peinlich, wenn man stundenlang durchs Mikroskop schaut und dann immer noch keine Ahnung hat.

Schöne Grüße

Uli

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MOD

Mensch,Uli!

Ich bin hin und weg von diesem tollen Bild. Der Hintergrund zum Motiv ist der Hammer. Das Motiv ebenso! Und deine Beschreibung dazu.... unglaublich!

Liebe Grüße

Gabi

 

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ADMIN

Hallo Uli,

zu diesem Foto wurde bereits eine Menge geschrieben, und ich schließe mich den Vorschreibern an. Ist das wirklich eine Blattlaus? Wenn ja, weist Du welche Art?

Liebe Grüße 

Roland

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Makronist

Hallo Roland, Hmm, ganz sicher bin ich mir jetzt auch nicht mehr. Das Tierchen saß an einer Zier-Sonnenblume (daher auch die gelben Pollenkörner), ist komplett grün, halb-transparent und ca. 2mm groß. Das charakteristische X auf dem Rücken kann ich nicht sehen, weshalb ich eine Wanze ausgeschlossen habe. Aber vielleicht eine Wanzenlarve in einem der ersten Stadien? Zikade denke ich, ist es auch nicht - von der Körperform her. Was mich aber stutzig macht sind die Augen. Die sind viel "elaborierter" als bei gewöhnlichen Blatt-Läusen... ?? Ich (wir) sind noch am rätseln...

Schönen Abend

Uli

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ADMIN

Hallo Uli,

vielen Dank für die Erläuterungen.

Ja, es dürfte ziemlich sicher eine Wanze sein. Ich wollte aber erst mal nachfragen... .-).

Jetzt, wo es sich nun nicht um eine Blattlaus handelt, ist das Foto nicht weniger spektakulär :-). Die Farben, das Licht, die Schärfe, das Bokeh – alles vom Feinsten.

GRATULATION zu diesem TOP-Foto!

Noch eine kleine Anmerkung zum Bildtitel:
Wanzen (und das trifft auch auf Blattläuse zu) können nicht saugen. Sie können an oder durch ihren Rüssel so viel ziehen und nuckeln, wie so wollen und bis ihnen Schwarz vor Augen wird; da geht nichts.

Zwei Kräfte sind für den "Aufstieg" der Flüssigkeit (überwiegend Pflanzensäfte aus dem Phloem) verantwortlich:

1.
Im Phloem herrscht Überdruck. Wird das Phloem mit dem Rüssel angestochen, schießt die pflanzliche Flüssigkeit in den super schmalen Kanal des Rüssels und wird in die Blattlaus gedrückt.

2.
Zusätzlich bzw. sollte der Druck nachlassen steigt die Pflanzenflüssigkeit selbständig durch Kapillarkräfte entgegen der Schwerkraft nach oben. Voraussetzung hierfür ist der extrem dünne Durchmesser der Röhre im Rüssel.
Hier wirkt die selbe Kraft, die Gießwasser vom Untersetzer unter einem Blumentopf innerhalb kurzer Zeit bis zur Bodenoberfläche oben im Blumentopf transportiert – wenn man Wasser nur in den Untersetzer gießt. 

Fazit:
Die Wanze bzw. die Laus kann sich während der Mahlzeit ordentlich ausruhen; das Essen strömt – aus ihrer Sicht – automatisch in sie hinein.

Fazit des Fazits:
Im nächsten Leben reinkarniere ich als Wanze :-).

Was für ein tolles Foto!

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht"

Roland

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Makronist

Hallo Roland, danke für 1. die Aufklärung der Tierart, 2. das Schleiferl und 3. die Anmerkungen zu den Kapillarkräften. Vielleicht sollte ich den Titel von Saugetier zu Schluckspecht ändern?

Eine kleine Rechnung kann ich noch nachliefern: Die Steighöhe von Wasser in einer Kapillare mit Radius r (bei normalen Luftdruck) ist durch h=14mm²/r gegeben (Kapillargleichung). Den Innendurchmesser (bzw. Radius r) des Rüssels kann man aus dem Foto leicht ablesen, es ist r=0,013mm. Damit ergibt sich eine Steighöhe von über 1 Meter. Das dürfte bei 2mm Körpergröße mehr als ausreichend sein, um die Wanze zu "durchspülen". Also, dann treffen wir uns im nächsten Leben als Wanzen (oder alternativ als Rebläuse  in den Würzburger Weinbergen :-)

Schöne Grüße

Uli

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Makronist

Hallo Uli,

was für eine geile Abhandlung. So macht Wissenschaft Spaß. Um zu den selben lustvollen Nahrungsaufnahmeerlebnissen zu gelangen, wie die Wanze, müsste ich mir also einen geöffneten Zapfhahn zwischen die Zähne nehmen und diesen dann in ein frisches Weißbierfass rammen. Boah, und das jeden Tag auf´s Neue. Ich will auch Wanze werden. Klasse Bild, Uli! 

Liebe Grüße

Ingo

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