Felsenspringer - lebende Fossilien (Archaeognatha)

Meine Bilder erhalten ja manchmal den Kommentar "Außerirdischer" oder so ähnlich. Nun, die Felsenspringer stammen tatsächlich von einem anderen Punkt des 4-dimensionalen Minkowski-Raums (der Raumzeit nach Einstein). 

Die Gruppe der Archaeognatha ("Urmünder") gibt es schon seit 400 Millionen Jahren. Sie gelten als DIE Vorfahren aller moderner Insekten (die Fischchen etc. werden nach heutigem Stand als Schwesterngruppe verstanden). Die Unter-Gruppe der Machilidae, die ich hier vorstelle, gibt es seit (mindestens) 40 Millionen Jahren praktisch völlig unverändert - wie die gezeigten Bernstein-Inklusen zeigen (zum Vergleich: die Gattung Homo gibt es seit 2 Mio Jahren, die Art "moderner Mensch" seit gerade mal 300-Tausend Jahren). 

Die Tiere sind unglaublich gut ausgestattet:

• Große Facettenaugen, am Kopf zusammengewachsen (Bilder 1 und 2)
• Lange Antennen, die aus bis zu 250 Einzelgliedern bestehen (Bild 3) (bei der Bernsteinversion nur noch rudimentär erhalten)
• Komplett beschuppter Körper (alle Bilder!) Man beachte die 40 Millionen Jahre alten Schuppen auf Bild 4!
• Labialtaster (Mundwerkzeuge (Bild 4), paarige Extremitätenreste (Stylus) sowie Coxopodite (Spaltfüße) - Letztere stammen wohl noch von den unmittelbaren Vorfahren, die noch als Krebstiere im Wasser lebten.
• Schwanzanhänge (Terminalfilum und Cerci), bei der Bernsteinversion auf Bild 6 noch komplett erhalten.
• Besonders spannend: Ausstülpbare, sog. Coxalbläschen an den hinteren Segmenten (die kleinen bräunlichen Gebilde, zum größten teil verdeckt, aber unter den Schuppen erkennbar (Bild 7). Damit kleben sich die Tiere an einem Ast o.ä. fest, um sich zu komplett zu häuten. Die gesamte Schuppenpracht (die relativ leicht beschädigt werden kann, vgl. UV Bild 8) wird dabei komplett runderneuert! Die Tiere leben bis zu 3 Jahre lang!
• Auch schon vor 40 Mio. Jahren war UV-Fluoreszenz schon eine coole Sache (Bilder 8 und 9), diese Bilder konnte ich mir natürlich nicht verkneifen. [Da Bernstein selbst stark (!) fluoresziert, weis ich leider nicht, ob die Augen der Bernstein-Inkluse auch noch leuchten würden.]

Ihr merkt schon, ich bin von diesen Tieren total begeistert, und bin mir sicher, dass sie in weiteren 40Mio. Jahren auch noch -mehr oder weniger unverändert- leben werden. [Bei der Gattung Homo bin ich mir da nicht so sicher].  

Man bedenke: Als dieses Tierchen vor 40Mio Jahren im Kiefernharz eingeschlossen wurde, war eine extreme Warmzeit (10-15°C (!!!) wärmer als heute im globalen Mittel). In Finnland waren damals feuchtwarme tropische Wälder, ein Großteil der Erde war unbewohnbare Wüste - ca. 3-5 mal so hohe Treibhausgas -Konzentration wie heute. Andererseits findet man Felsenspringer-Arten in den heutigen Alpen bis 3000m über NN, und auch im Himalaya. Sicher ist: Die Felsenspringer haben schon viele 1000 andere Arten kommen und gehen sehen - wir sind vermutlich nur eine davon.

Übrigens: Als Sommer-Lektüre zum Thema Artensterben empfehle ich den Roman von Ned Beauman: "Der gemeine Lumpfisch".