Ois anders

Das erste Bild war zuerst nur ein Beifang der Krokussuche im Hauswald. Je länger ich es ansehe desto mehr mag ich es. Das zweite ist für Gabi, da sieht man, dass mein Cyclop in der Mitte durchaus scharf zu zeichnen vermag. Zu den Rändern hin lässt es aber sehr deutlich nach. 

Kommentarbereich

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MOD

Hallo Wolfgang,

danke für Dein Beispielbild. Ja, so ist das mit den Altgläsern. In der Mitte ist das mit der Schärfe kein Problem. Nach außen fällt diese teils sehr deutlich ab.Ich finde  das ist beim Cooke noch schlimmer. Gestalterisch kann das dann manchmal zum Problem werden. Bei deinem  letzten Krokus-Bild hatte ich es nur angemerkt, weil ich den Eindruck hatte, dass die Schärfe eben eher Mitte rechts auf den Blattspitzen lag. Dies schmälert jedoch die positive Gesamtbildwirkung nicht. Vielleicht liegt das einfach auch an deiner Ausführung des Cyclops.

Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße

Gabi

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ADMIN

Vintage-Objektive und Schärfe

Hallo Wolfgang, hallo Gabi,

ich möchte hier einige Ausführungen zum Thema "Schärfewiedergabe" von Vintage-Objektiven machen, weil dies ein wichtiges Thema ist:

Allgemeines 

Die Sache mit der "Schärfe" bei Vintage-Objektiven ist nicht ganz einfach. Ich setzte hier den Begriff "Schärfe" mit Absicht in Anführungszeichen. Denn mit der Schärfe-Definition Linien pro Millimeter kommt man zwar bei modernen Objektiven in vielen Fällen zurecht; bei vielen Vintage-Objektiven verhält sich das aber etwas komplizierter. Bei diesen alten Gläsern haben Parameter wie Licht, Farbe und Kontraste einen viel größeren Einfluss auf die Schärfe als bei modernen Gläsern – vor allem in deren Zusammenspiel miteinander. Das führt dazu, dass man mit ein und demselben Objektiv einmal sehr scharfe Fotos macht, und in einer anderen, vielleicht augenscheinlich sehr ähnlichen Situation nur unscharfe Fotos produziert oder zumindest Fotos, bei denen der letzte Kick an Schärfe einfach nicht erreicht wird. Verantwortlich hierfür sind meist die oben aufgeführten Parameter Licht, Farbe und Kontraste.

Nun tritt dieses "Problem" hier in Eurer Diskussion beim Motiv "Krokus" auf. Die meisten Krokusse, deren Fotos hier gezeigt werden, sind gelb oder blau/lila. Wir hatten das schon mehrmals bei Makrotreff: Die Farben Gelb und Blau (Lila) sind für viele Objektive richtig fies! Selbst moderne Objektive bringen auf gelben Flächen kaum die Schärfe, die man von anders-farblichen Motiven gewöhnt ist; da hat schon mancher Makronist verzweifelt sein sündhaft teures und mit Preisen und Auszeichnungen überschüttetes Original-Makro ins Gebüsch gepfeffert :-).. Gelb (und auch Blau) sind Farben, deren Lichtreflexion für Objektive je nach Lichtstärke und Lichtqualität sehr schwer zu "verarbeiten" sind. Und wenn sich moderne Hochleistungsobjektive daran schwer tun, dann ist es naheliegend, dass Objektive, deren fotooptischer Entwicklungsstand viele Jahrzehnte zurückliegt, erst recht prusten und schnauben.

Auch ich stoße immer wieder an diese Grenzen. Gestern beispielsweise habe ich mich wieder einmal dazu verlocken lassen, Krokusse (die sind momentan nunmal so geil :-)!) im Sonnenlicht mit dem Cyclop zu fotografieren; das Cyclop ist eben einfach ein tolles Objektiv! Ergebnis: Ich habe anschließen alle (!) Fotos in die Tonne getreten. Warum? Weil sie unscharf waren! Oder schienen sie nur unscharf zu sein? Keine Ahnung, war mir dann auch egal. Auf jeden Fall sahen sie alle unscharf aus. Was war genau das Problem?

– Erstens die flächigen Farbbereiche in Gelb und Blau; sie wirkten eher matschig als scharf.

– Zweitens die Außenkanten der Blütenblätter; da wahren keine glatten Kontrastkanten, obwohl die Schärfe genau dort lag.

Das sind die beiden Haupt-Problempunkte. Unterm Strich führten sie zu einem ordentlich unscharfen Bildeindruck.

TIP

Es lohnt sich, mal gezielte Vergleichsaufnahmen zu machen. Sinnvoll hierbei ist es, insbesondere darauf zu achten, dass die Lichtsituation unterschiedlich ist. Solche Vergleiche geben meist viel Aufschluss über die Abbildungseigenschaften von Vintage-Objektiven.

Ich stelle unten mal zwei solche Vergleiche ein, die sehr gut zum hier beispielhaft besprochenen Motiv passen, – einmal einen Krokus bei (sogar nur leichtem) Sonnenschein fotografiert, und einmal bei bedecktem Wetter mit heller Wolkendecke. Bei beiden Fotos liegt der Schärfepunkt des Cyclops exakt auf den Blütenblättern.
Ich stelle beide Fotos in größerer Größe ein, damit der Schärfeunterschied gut sichtbar wird (rechte Maustaste und in neuem Fenster öffnen). Der Unterschied ist gravierend! Hier spielen genau diejenigen Faktoren hinein, die ich weiter oben in meinen Ausführungen benenne.

Konkretes

Nun konkret zu Euren beiden Cyclops, denn – hier kann ich mitreden :-). Ich kenne beide Objektive, weil ich beide getestet habe. Mit Deinem Cyclop, Wolfgang, habe ich selbst lange Zeit fotografiert. Ich hatte es Dir seinerzeit überlassen, weil ich zu diesem Zeitpunkt keines zum Abgeben hatte; ich musste zu viele wegen Minderleistung zurückgeben.

Beide Exemplare befinden sich auf dem höchsten fotooptischen Niveau, auf dem sich ein Cyclop befinden kann. Wir können also individuelle Unterschiede ausschließen. Damit sind wir bei den Motiv-Gegebenheiten (s.o.). Die müssen wir uns anschauen. Die führen uns zu den Punkten, die die Unterschiede hinsichtlich des Schärfeeindrucks erklären.
Übrigens: Ich hatte beide Fotos, die ich unten anhänge, seinerzeit mit dem Cyclop-Exemplar gemacht, das nun Du, Wolfgang, hast :-).

Dies zeigt, wie wichtig es ist, dem alten Objektiv, mit dem man loszieht, vertrauen zu können. Beim (Vintage-)Motiv schlummern genügend Herausforderungen, die man lernen muss. Da entpuppt sich eine mangelhafte Optik schnell als "Herausforderungs-Killer" :-).

Das alles, was ich hier schreibe, trifft auf viele Vintage-Objektive zu, insbesondere auf sehr lichtstarke Vintage-Objektive mit Lichtstärken unterhalb der Blende 2.0. In besonderem Maße ist auch das Cyclop dazuzurechnen.

Liebe Grüße 

Roland

Sony ILCE–7M2, Cyclop 1.5/85mm, 1/640s, ISO 100, Vollformat

Auf der Blüte, auf der der Schärfepunkt liegt, wirkt sehr unscharf. Die Parameter Licht, Blütenfarbe und Kontraste führten dazu, dass das Objektiv mit der hohen Lichtstärke von 1.5 die Details kaum sauber getrennt ablichten konnte. Sämtliche Fotos dieses "Cyclop-Shootings" wiesen diese Unschärfe auf – und landeten (bis auf dieses eine hier) in der Tonne.

Sony ILCE–7M2, Cyclop 1.5/85mm, 1/1000s, ISO 50, Vollformat

Bei diesem Foto lagen völlig andere Bedingungen vor als beim Foto oben, insbesondere hinsichtlich des Lichts. Nun konnten auch die großen Gläser des Cyclops "anbeißen" und Details im Schärfepunkt voneinander trennen und wiedergeben – insbesondere in den unteren zwei Dritteln der Blüten. Als Ergebnis nimmt der Bildbetrachter ein anscheinend scharfes Bild war – trotz der häufig "schwierigen" Farben Blau und Gelb.

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Grüß Dich Roland,

erst einmal, bei meinen Ausführungen lag mir nichts ferner als die Qualität des mir überlassenen Glases zu bemängeln, ich bin damit super zufrieden. Es ist mir bewusst, dass die Leistung systembedingt zu den Rändern hin nachlässt. Meine Bemerkung war nur eine Reaktion auf die fehlende Schärfe auf den Knospenspitzen. Da habe ich wirklich bei 10 facher Vergrößerung  und feinem Schrauben am Schlitten scharf gestellt. Das Resultat ist halt das Maximum was aus der Situation herauszuholen war. Mich hat es auch nicht übermäßig gestört, sonst hätte ich das Bild nicht eingestellt. Eigentlich ist ja auch keine Minderschärfe sondern ein Überstrahlen (obwohl im Schatten) der Motivkanten. Das ergibt einen Saum der die Kanten sehr weich wirken lässt - ist halt so. Bei sehr vielen Motiven kann man das Objekt der Begierde ja problemlos weiter in die Mitte schieben, das war bei der Krokusgruppe nicht richtig möglich und weiter weg und dann beschneiden wollte ich auch nicht.

Danke für die ausführliche Antwort, das ist sicherlich für einige sehr aufschlussreich, was die Beurteilung von Vintagebildern (auch bei etwas zickigen Gläsern) anbetrifft. Es ist ja gerade dieses "sich einlassen" auf die Unperfektheit der alten Gläser und die Kunst diese für sich zu nutzen was die Vintagefotografie so interessant macht. 

Servus
Wolfgang

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